Ĥadīth-Nr. 47
Von Abu l-Minhāl Şayyār Ibn Şalāmah wird berichtet, dass er sagte: „Mein Vater und ich gingen zu Abu Barzah al-Aşşlamī. Dort fragte ihn mein Vater: „Wann hat der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, die obligatorischen Gebete verrichtet?“
Er sagte: „Das Gebet zur Mittagshitze, welches ihr al-Ūlā (die Erste) nennt, pflegte er zu beten, sobald die Sonne sich etwas vom Zentrum des Himmels entfernt hatte. Danach verrichtete er das Nachmittagsgebet (‘Aşşr) und einige von uns gingen zurück zu ihren Satteln, die am äußersten Ende der Stadt waren, während die Sonne immer noch grell war. Ich vergaß aber, was er über das Abendgebet (Maĝrib) sagte. Dann mochte er es, das Nachtgebet (‘Ischā`), welches ihr al-‘Atamah (Dunkelheit) nennt, aufzuschieben. Außerdem mochte er es nicht, dass man sich vorher schlafen legte oder danach redete. Und er pflegte nach dem Frühgebet (Fadjr) erst dann zu gehen, wenn eine Person denjenigen erkennen konnte, der neben ihm saß. Und er pflegte darin sechzig bis hundert Verse zu lesen.“
Sprachliche Analyse des Ĥadīths:
- „Die obligatorischen Gebete“: D.h., die fünf Pflichtgebete.
- Al-Ūlā (die Erste): Damit ist das Dhuhr-Gebet (Mittagsgebet) gemeint. Denn sie ist das erste Gebet, das Djibrīl (Gabriel) dem Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, vorgebetet hatte.
- „Sobald die Sonne sich etwas vom Zentrum des Himmels entfernt hatte“: D.h., sobald die Sonne sich etwas vom Zentrum des Himmels Richtung Westen entfernt hat.
- „Während die Sonne immer noch grell war“: D.h., während ihre Hitze noch stark und ihr Licht blendend hell war.
- „Al-‘Atamah“ bedeutet: Die Dunkelheit der Nacht, wenn die Abendröte nicht mehr zu sehen war und das erste Drittel der Nacht bereits verstrichen war.
Zusammenhängende Bedeutung:
Abu Barzah hat hier die Zeiten für die obligatorischen Gebete erwähnt. Er fing damit an, dass der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, das Mittagsgebet (Dhuhr) verrichtete, wenn die Sonne sich etwas vom Zentrum des Himmels Richtung Sonnenuntergang entfernt hatte. Dies ist der zeitliche Beginn des Mittagsgebets (Dhuhr).
Dann verrichtete er das Nachmittagsgebet (‘Aşşr) und einige Betende gingen zurück zu ihren Satteln, die am äußersten Ende der Stadt standen, während die Sonne immer noch grell war. Dies ist der zeitliche Beginn des Nachmittagsgebet (‘Aşşr).
Was das Abendgebet (Maĝrib) anbetrifft, so hat der Überlieferer vergessen, was er diesbezüglich sagte. Wir haben aber bereits gezeigt, dass der zeitliche Beginn für das Abendgebet (Maĝrib) der Sonnenuntergang ist.
Dann mochte es der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, das Nachtgebet (‘Ischā`) aufzuschieben. Denn hier ist das zeitliche Ende der beste Zeitpunkt, um das Nachtgebet (‘Ischā`) zu verrichten. Außerdem mochte er es nicht, dass man sich vorher schlafen legte, aus Sorge, man könnte dadurch das Gebet erst nach der vorgeschriebenen Zeit verrichten oder das Gemeinschaftsgebet verpassen. Weiterhin befürchtete er aber auch, dass man dann so tief schläft, dass man das freiwillige Beten in der Nacht ganz unterlässt. Außerdem mochte er es auch nicht, wenn man danach noch lange redet, aus Sorge, das Frühgebet (Fadjr) erst nach seiner rechten Zeit zu verrichten oder das Gemeinschaftsgebet zu verpassen.
Und er pflegte nach dem Frühgebet (Fadjr) erst dann zu gehen, wenn eine Person denjenigen erkennen konnte, der neben ihm saß, obwohl er sechzig bis hundert Verse beim Gebet las. Das bedeutet also, dass er das Frühgebet (Fadjr) verrichtete, als die Morgendämmerung (Ĝalaş) begann (und es noch dunkel war).
Der Nutzen aus diesem Ĥadīth:
- Die Erklärung, wann der zeitliche Beginn für die fünft Pflichtgebete ist und dass das zeitliche Ende jedes Gebets gleichzeitig der Beginn des darauffolgenden Gebets ist. Zwischen den jeweiligen Gebeten, gibt es keine Zeitspanne, der sie voneinander trennt.[1]
- Die Erklärung, dass der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, die Gebete zu Anfang ihrer rechten Zeit verrichtet hat, mit Ausnahme des Nachtgebet (‘Ischā`).
- Das Beste beim Nachtgebet (‘Ischā`) ist es, wenn man es aufschiebt bis zum Ende seiner rechten Zeit, was ja die erste Hälfte der Nacht ist. Doch das Aufschieben des Gebets, darf für die Betenden keine Belastung darstellen, so wie wir es zuvor bereits verdeutlicht haben.
- Das Schlafen vor dem Nachtgebet (‘Ischā`) ist unerwünscht, damit man nicht das Gemeinschaftsgebet verpasst oder das Gebet erst nach seiner rechten Zeit verrichtet.
- Es ist unerwünscht, sich nach dem Verrichten des Nachtgebet (‘Ischā`) noch lange zu unterhalten, um nicht das freiwillige Beten in der Nacht zu verschlafen oder das Verrichten des Frühgebets (Fadjr) in der Gemeinschaft zu verpassen. Die Unerwünschtheit des Redens nach dem Nachtgebet (‘Ischā`), bezieht sich aber nicht auf das Wiederholen von nützlichem Wissen oder das sich Beschäftigen mit Dingen, die den Muslimen von Nutzen sind.
- Seine Aussage: „Das Nachtgebet (‘Ischā`), welches ihr al-‘Atamah (Dunkelheit) nennt.“ Hierin ist ein Beweis dafür, dass es verhasst ist, das Nachtgebet (‘Ischā`) als ‘Atamah zu bezeichnen. Es ist in Şaĥīĥ Muşlim folgendes Marfū‘[2] überliefert worden: „Lasst euch nicht von den Wüstenarabern (al-A’rāb) besiegen in Bezug auf die Namen eurer Gebete. Wahrlich, sie heißt im Buche Allahs: al-‘Ischā`.“ Und Ibn ‘Ummar wurde stets zornig, wenn er diese Bezeichnung hörte. Doch es sind auch Berichte überliefert worden, die diese Bezeichnung legitimieren und dass Ibn ‘Ummar nur deshalb zornig wurde, weil es unerwünscht ist. In beiden Şaĥīĥ-Werken ist von Abu Hurairah Marfū überliefert worden, dass er sagte: „Würden sie wissen, welche Vorteile die al-‘Atamah und der Fadjr haben […].“
- Das Frühgebet (Fadjr) wird bei der Morgendämmerung (Ĝalaş) verrichtet, sodass wenn nach dem Gebet der Betende wieder weggehen wollte, er nur die Person erkennen konnte, die neben ihm saß, obwohl der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, im Frühgebet (Fadjr) sechzig bis hundert Verse zu lesen pflegte.
- Der Vorzug des verlängerten Lesens beim Frühgebet.
- Es ist erforderlich, dass wenn derjenige, der wegen eines Wissens befragt wurde und er keine Kenntnis darüber hat, er sich nicht überheblich zeigen darf, zu sagen: „Ich weiß es nicht.“ Denn eine Rechtsprechung (Fatwā), die auf Unwissenheit basiert, gleicht demjenigen, der von Allah etwas sagt, was er nicht weiß. Das Haltmachen eines Gelehrten vor den Dingen, die er nicht weiß, ist keine Herabwürdigung, sondern eine besondere Ehre für ihn. Denn er hat es unterlassen, ohne Wissen zu reden und hat voller Bescheidenheit, vor den Grenzen seines Wissens, Halt gemacht.
Eine weitere Nützlichkeit:
Wenn eine Unterhaltung nach dem Nachtgebet (‘Ischā`) unerwünscht ist, selbst wenn es bei dem Geredeten nur um erlaubte Dinge handelt und dies eine nächtliche Unterhaltung ist, die harmlos ist, wie sieht es dann mit jenen aus, die ihre Nächte aufleben lassen, mit dem Hören von lüsternen Gesängen, dem Schauen in sittenlose Zeitungen und Zeitschriften, dem Sehen von beschämenden Darstellungen und sündigen Filmen und dem Verfolgen von zeitraubenden Spielen, diese Dinge, die eine Person lediglich vom gedenken Allahs und dem Gebet abbringen. Wenn dann das Frühgebet (Fadjr) naht und die Zeit für das Herabkommen von Barmherzigkeiten anbricht, legen sie sich schlafen, sodass nur noch die heiße Mittagshitze, das Toben der Händler und das tägliche Treiben der Menschen draußen sie wecken können. Dabei haben sie das Verrichten des Frühgebets (Fadjr) in der Gemeinschaft verpasst, wenn nicht sogar das Verrichten des Frühgebets (Fadjr) zu seiner rechten Zeit.
Wie stark doch dieser Wehmut und totbringend dieses Leid sind gegenüber Leuten, deren Leben sie zu dieser abscheulichen Lage gebracht hat, indem der Teufel mit ihnen spielt und sie vor den Dingen abhält, die ihnen Nutzen bringen, hin zu den Dingen, die ihnen nur schaden. Es ist zu befürchten, dass sie zu denen werden, die Allah vergessen haben und die Er dann sich selbst hat vergessen lassen, indem Er über sie den Schleier der Vergesslichkeit gelegt hat, sodass sie erst dann bedenken werden, wenn die Ermahnung ihnen nicht mehr nützt.
[1]Anm. des Erklärers: Uns ist nun deutlich geworden, dass zwischen dem Zeitpunkt für das Frühgebet (Fadjr) und dem Zeitpunkt für das Mittagsgebet (Dhuhr), eine lange Zeitspanne herrscht, nämlich von Sonnenaufgang bis zum Zeitpunkt, wo die Sonne sich etwas vom Zentrum des Himmels entfernt. Diese Zeitspanne gehört weder zur Zeitspanne für das Frühgebet (Fadjr) noch zur Zeitspanne für das Mittagsgebet (Dhuhr).
[2]Marfū‘: Das, was dem Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, zugeschrieben wird.